Die Ratte als Haustier ist längst kein Geheimtipp mehr unter Tierfreunden. Auch ihr Image als Plage und Krankheitsüberträger konnte sie, zumindest hierzulande, weitgehend ablegen.
Dass die Ratte selbst wiederum sehr spezifische Krankheiten bekommen kann, ist allerdings weniger bekannt. Wer an die Kombination Ratte und Krankheiten denkt, dem fallen Laboruntersuchungen ein, Mülldeponien und Abwasserkanäle, vielleicht auch die Giftköder im eigenen Keller – aber Rattenkrankheiten im Sinne von erkrankten Ratten, die es zu heilen gilt, werden viel zu selten thematisiert. Für Rattenhalter sind aber gerade solche Themen wichtig.
Nicht nur, um für den Fall der Fälle gut vorbereitet zu sein, sondern vor allem auch, um mögliche Risikofaktoren rechtzeitig zu erkennen und Erkrankungen zu verhindern. Worauf es genau dabei ankommt, wollen wir nun einmal bewusst ins rechte Licht rücken.
Inhaltsverzeichnis
Pflege und Gesundheit der domestizierten Hausratte
Mit ihrer herausragenden Intelligenz und Lernfähigkeit hat sich die Hausratte auf der Beliebtheitsskala einen der oberen Plätze erarbeitet. Zugleich begeistert sie mit ihrer Zutraulichkeit.
Die Mischung aus diesen Eigenschaften macht die Ratte als Haustier durchaus geeignet. Ratten erkennen ihre Halter, lassen sich streicheln und freuen sich über gemeinsame Herausforderungen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Kurzum, mit so einer Ratte kann der Mensch viel Spaß haben. Damit diese Freude möglichst lange anhält, ist eine artgerechte Haltung nötig, die sämtliche Ansprüche und gesundheitlichen Bedürfnisse der Ratte berücksichtigt.
Artgerechte Haltung von Ratten
Üblicherweise landen die kleinen Nager im Rattenkäfig, können sich dort ihr eigenes Revier einrichten und über alle wichtigen Elemente verfügen, die sie zum Leben brauchen. Sprich Material zum Nestbau, eine Höhle oder Häuschen zum Unterschlupf, frisches Trinkwasser und ausgewogenen Ernährung. Damit allein wäre dem Rattenglück allerdings nicht genüge getan.
Zur artgerechten Haltung von Ratten gehören außerdem passende Spielangebote, um die Tiere geistig wie körperlich fit zu halten. Das können Tunnel sein, verschiedene Ebenen innerhalb des Käfigs, Naturmaterialien zum Nagen und Buddeln sowie Spielzeug für Ratten. Ohne alldem würde schnell Langeweile im Käfig herrschen.
Nicht zu vergessen, dass Ratten Rudeltiere sind und damit angewiesen auf den sozialen Kontakt zu Artgenossen. Es sollten also mindestens zwei Tiere gehalten werden, wobei gleichgeschlechtliche Paare sowie Gruppe, gerne auch Kastraten, die beste Lösungen sind.
Letztlich wird der Käfig irgendwann trotz aller Bemühung öde und die abenteuerlustigen Entdecker brauchen mehr Abwechslung. Regelmäßiger Freigang im Zimmer hält Ratten und Halter auf Trab.
Mit speziellen Übungen und Trainingseinheiten lernen die Kleinen schnell ein paar tolle Tricks, haben natürlich aber auch hin und wieder Unsinn im Kopf. Daher gilt sowohl beim Freilauf als auch im Käfig, das Wohlergehen der Lieblinge immer im Blick zu behalten
Der Gesundheitscheck für Ratten
Am besten lässt sich der Gesundheitszustand der Nagetiere entweder bei der Fütterung oder beim Training beziehungsweise beim Spielen kontrollieren. So ein Gesundheitscheck sollte regelmäßig, im Idealfall täglich, durchgeführt werden. Es gehört zum Glück nicht allzu viel dazu: Ein wenig Erfahrung, Geduld und Aufmerksamkeit.
Überprüft werden sollten in erster Linie:
- Die Bewegungen. Hinkt das Tier, ist es womöglich verletzt. Schwankt es, können innere organische Ursachen vorliegen oder ein Kreislaufproblem.
- Das Verhalten. Sowohl beim Füttern als auch beim Spielen zeigen Ratten reges Interesse. Apathische, desorientierte oder aggressive Ratten gelten als verhaltensauffällig und müssen unbedingt näher untersucht werden.
- Die Verdauung. Futteraufnahme, Trinken, Urinieren und der Kot sind wesentliche Indizien für eine gesunde Verdauung bei der Ratte. Stimmt auch nur eines davon nicht, könnte dies gravierende Folgen haben. Zahnschmerzen führen zum Beispiel zu Fressunlust, Durchfall deutet aufschlecht vertragenes Futter hin und spätestens wenn Blut erkennbar ist, muss geholfen werden.
- Die Sinnesorgane. Ganz wichtig sind freie Atemwege, klare Augen und gesunde Zähne. Röchelndes Atemgeräusche, Rötungen und Schwellungen an Augen und Schleimhaut oder gar Entzündungen beeinträchtigten die Gesundheit der Ratte erheblich. Auch hier besteht sofortiger Handlungsbedarf.
- Fell und Haut. Parasitenbefall, Ausschläge bis hin zu allergischen Reaktionen lassen sich deutlich am Fellkleid erkennen. Besonders gefährdet sind zudem die Ohren.
All diese Details lassen sich in der Regel binnen weniger Minuten checken. Oftmals genügt ein einzelner Blick, ob irgendetwas ungewöhnlich erscheint. Tatsächlich kennen die meisten Rattenbesitzer ihre Lieblinge bald derart in- und auswendig, dass eher auf Unregelmäßigkeiten geachtet wird, denn auf Regelmäßigkeiten.
Nichtsdestotrotz sollte jedes einzelne Tier gesondert betrachtet werden. Manche Anzeichen sind erst bei näherem Hinsehen erkennbar, andere lassen sich nur durch Abtasten identifizieren, wie etwa Bauchkrämpfe. Die beste Präventivmaßnahme für alle Rattenkrankheiten ist daher ein regelmäßiger Gesundheitscheck.
Die häufigsten Rattenkrankheiten im Überblick
Wenn nun aber doch einmal Auffälligkeiten erkannt werden oder bereits mehr als deutliche Symptome erkennbar sind, ist guter Rat teuer. Trotz ihrer Anpassungsfähigkeit und ihrem Ruf als Überlebenskünstler, selbst unter den unschönsten Bedingungen, können Ratten durchaus sensibel auf Krankheiten und Verletzungen reagieren.
Dies gilt für Hausratten natürlich mehr als für die allgemeine Straßenratte. Sie haben weder das Immunsystem noch die Abwehrkräfte, um kritische Keime und Erreger zu bekämpfen. Dafür haben sie aber einen anderen, wichtigen Vorteil: Ihren Halter, der auf moderne Veterinärmedizin zurückgreifen kann und hoffentlich bestens informiert ist, wie Rattenkrankheiten behandelt werden können.
Ratten und die Mykoplasmose
Die am häufigsten dokumentiere Erkrankung bei Wohnungsratten ist die Mykoplasmose. Dabei handelt es sich um einen Infekt der Atemwege. Das Knifflige daran: Nicht alle infizierten Tiere zeigen auch Symptome. Zudem ist die Krankheit hochansteckend. Oftmals erkranken Jungtiere oder einzelne Rudelmitglieder. Gefahr besteht dennoch für alle.
Typisch für Mykoplasmose sind erste Anzeichen wie verstärktes Niesen und Nasenausfluss. Im weiteren Verlauf der Erkrankung infizieren die Erreger tiefere Atemwege bis hin zur Lunge. Atemnot ist die Folge. Im Extremfall der Tod durch Lungenembolie.
Auffällig ist zudem, dass die Tiere Anstrengungen meiden, weil sie nicht genug Luft bekommen beziehungsweise das Atmen schwer fällt und schmerzt. Teilnahmslosigkeit beim Spielen wie auch beim Fressen sollten daher sofort ernst genommen werden. Weiterhin wird die eigene Körperpflege vernachlässigt, denn auch die erfordert Kraft. Unter Mykoplasmose leidende Ratten haben außerdem sehr oft struppiges Fell, rotbräunlich verschmierte Augen sowie deutlichen Gewichtsverlust. In einigen Fällen kommen Ohrenentzündungen und Bewegungsstörungen hinzu.
Geholfen werden kann vor allem präventiv und zu Beginn der ausbrechenden Krankheit. Studien zu folge lösen bestimmte Faktoren die Krankheit erst aus. So zum Beispiel Stress, falsche Ernährung, Zugluft und starke Temperaturschwankungen. Auch der Ammoniakgehalt in der Luft steht in Verdacht, hierbei eine Rolle zu spielen.
All diese vermeintlichen Auslöser sollten bei einer artgerechten Rattenhaltung ohnehin nicht auftreten. Der Käfig muss geschützt vor Wind, Heizung und direkter Sonneneinstrahlung platziert sein. Hinterlassenschaften, die Keime und Ammoniak verbreiten, sind regelmäßig zu entfernen. Und eine ausgewogene Ernährung sowie Stressvermeidung gehören generell zu den Grundlagen der Rattenhaltung.
Warum kommt Mykoplasmose dann trotzdem so oft vor? In den meisten Fällen aus purer Unwissenheit. Weil Ratten angeschafft werden, ohne dass sich die Halter vorab ausreichend über die Tiere informieren. Weil Gefahren und Symptome nicht rechtzeitig erkannt werden. Und nicht zuletzt weil viele nicht wissen, wie sie bei beginnender Mykoplasmose reagieren können.
Der Weg zum Tierarzt ist in der Regel die beste Entscheidung, auch wenn man sich unsicher ist, ob es sich tatsächlich um Mykoplasmose handelt. Therapiert wird dann mit Antibiotika. Langfristig helfen fettarme und kalorienreduzierte Ernährung, gegebenenfalls mit vitaminreichen Futterzusätzen zur Stärkung des Immunsystems sowie ein hochwertiger Einstreu im Käfig, der den Ammoniakgeruch verhindert und gleichzeitig optimal dämmt.
Magen-Darmerkrankungen
Weniger oft treten bei Ratten Probleme mit der Verdauung auf. Freilebende Ratten fressen nicht selten Aas, für unsereins längst ungenießbare Lebensmittelreste und so manch anderen Unrat. Die klassische Wohnungsratte ist dagegen recht verwöhnt – und reagiert daher hin und wieder sensibler als ihre Artgenossen in der Kanalisation.
Auslöser für Magen-Darmerkrankung bei Ratten sind unter anderem:
- Falsche Ernährung (zu viel Fett, Zucker, ungeeignetes Rattenfutter, Futterumstellung)
- Parasiten, beispielsweise Würmer
- Bakterien und Viren (Der Rotavirus geht zum Beispiel auch auf Ratten über)
- Reaktionen auf Medikamente
- Stress, beispielsweise wegen Umzug, Urlaub, neues Rudelmitglied, etc.
Je nach Ursache müssen Durchfall, respektive Verstopfung, speziell behandelt werden. Oftmals hilft schon eine Weile besonders mildes Futter, um die Verdauung wieder zu beruhigen und sanft anzukurbeln. An Hand des Kots lassen sich die meisten Hinweise gut erkennen. Wer sich zwecks Parasiten unsicher ist, kann bei Bedarf Kotproben an zertifizierte Labore einsenden und sich auswerten lassen. Mitunter hilft der Tierarzt weiter und weiß garantiert, welche Therapie am ehesten Besserung verschafft.
Zahnprophylaxe und Zahnbeschwerden
Als Nagetier stehen früher oder später Zahnprobleme an. Betroffen sind in erster Linie ältere Ratten. Wobei „alt“ nicht gerade aussagekräftig ist. In der Wildnis wird eine Hausratte im schnitt 12 Monate alt. In der Heimtierhaltung können es zum Beispiel bei der Farbratte 2 bis 3 Jahre werden.
Dennoch entwickeln sich alters- oder zuchtbedingt zum Teil Zahnfehlstellungen, Entzündungen im Zahnbereich sowie diverse Zahnanomalien. Genetische Vorbelastungen spielen dabei durchaus eine Rolle, aber auf das sogenannte Gitternagen begünstigt Zahnprobleme.
Daher sollten Ratten, eben weil sie nun mal Nagetiere sind, immer entsprechende Materialien zur Verfügung haben, um ihre Zähne, unabhängig vom Futter, zu schärfen und zu stutzen. Spezielle Hölzer, Leinen, Wurzeln, Taue aber auch Rattenspielzeuge fördern die Zahnprophylaxe. Die Vorteile sind zahlreich:
- Reinigung der Zähne und Zahnzwischenräume
- Kräftigung des Zahnfleisches
- Schärfen und Kürzen der ständig nachwachsenden Schneidezähne
- Vermeidung von Verletzungen im Maul wegen zu spitzer Zähne
- Stressabbau und artgerechtes Sozialverhalten
Im Zweifelsfall kann auch hier wieder der Tierarzt helfen und als Zahnarzt für Ratten sein Können unter Beweis stellen.
Fell- und (Schleim)Hautprobleme
Äußerlich gut erkennbar und zum Glück oftmals leicht zu behandeln sind Probleme mit dem Fell, der Haut sowie der Schleimhaut. Einige Erkrankungen befallen gleich mehrere Bereiche und können der Ratte zu schaffen machen sowie auf weitere Tiere übergehen – nicht nur auf Artgenossen.
So sind zum Beispiel Ektoparasiten (also äußerlich auf dem Wirt lebende Parasiten) wie Milben, Flöhe und Läuse im Fell einer Ratten anzutreffen und kurz darauf beim ebenfalls im Haushalt lebenden Hund. Oder umgekehrt, der Hund überträgt die Parasiten auf die Ratten.
Auch Pilze verursachen Hautveränderungen und breiten sich aus, wenn sie unbehandelt bleiben. Sind Schleimhaut und Bindehaut betroffen, kann das Ganze fatale Auswirkungen haben. Insbesondere Entzündungen an den Augen führen im schlimmsten Fall zu Blindheit oder das Auge muss gar operativ entfernt werden.
Hier gilt daher gleichermaßen auf artgerechte Haltung zu achten und den regelmäßigen Gesundheitscheck ernst zu nehmen. Dann kann mit Hilfe einer Salbe oder einem Antibiotikum fast jedes Hautproblem bei der Ratte gelöst werden.
Ratten und Tumore
Anders sieht es bei Tumoren aus, vor denen Ratten keinesfalls gefeit sind. Mitunter handelt es sich nur um Abzesse, die sich unter der Haut bilden und als Schwellungen wahrgenommen werden. Ursachen dafür können Verletzungen durch Rangordnungskämpfe sein oder bakterielle Infekte. Leider sind es viel häufiger tatsächlich Tumore.
In solchen Fällen kann der Tierarzt maximal mit einem operativen Eingriff helfen. Streuen aber bereits Metastasen, kommt jede Maßnahme zu spät.
Verletzungen bei Ratten behandeln
Allgemein ist es bei Ratten schwierig, Erkrankung oder Verletzungen festzustellen. Aus ihrem Instinkt heraus, dass schwache Tiere anderen als Beute zu Opfer fallen, versuchen die Nager möglichst ihr Leiden zu unterdrücken und sich nichts anmerken zu lassen.
Innere Verletzungen sind daher kaum auszumachen, zum Glück aber bei Wohnungsratten äußerst selten. Höchsten weil beim unbeaufsichtigten Freigang spitze oder gar scharfkantige Gegenstände verschluckt wurden.
Verletzungen in Folge einer Auseinandersetzung um die Rangfolge kommen schon häufiger vor: Bei Neuzugang von Rudelmitgliedern, weil eines wegfällt, alt wird oder wenn Hormone im Spiel sind. Mit ihren Krallen und Zähnen können sich Ratten gegenseitig ganz schön zusetzen. Meist handelt es sich um oberflächliche Verletzungen, die lediglich gesäubert und desinfiziert werden müssen. Verbände sind nur in Ausnahmefällen nötig, um die Wunde vor übereifriger Pflege oder gar neuen Attacken zu schützen.
Schwieriger wird es bei Augenverletzungen – die sollten unbedingt vom Tierarzt begutachtet werden. Brüche, Krallenverletzungen und Sturzverletzungen sind noch seltener. Vorbeugend sollten die kleinen Vierbeiner nur vorsichtig in die Hand genommen werden, beim Freigang sind Einklemmen und Stürze zu vermeiden und der Rattenkäfig ist selbstverständlich ebenfalls ohne Verletzungsrisiken zu gestalten. Man darf den Ratten jedoch durchaus Klettermanöver und Kunststücke zutrauen, so zerbrechlich sind sie nun auch wieder nicht.
Die Ratte beim Tierarzt
Ganz gleich ob nun Verletzung oder Krankheit – mit einer Ratte zum Tierarzt zu gehen, wirft immer eine leider unangenehme Frage auf. Lohnt sich das?
Rattenliebhaber werden sofort antworten: „Ja, auf jeden Fall!“. Rein objektiv betrachtet steht den zum Teil erheblichen Tierarztkosten allerdings eine Lebenswertung von (im Idealfall) 3 Jahren gegenüber. Gehören die Ratten überwiegend den Kindern, und die Eltern dürfen zahlen, werden Kosten und Nutzen höchstwahrscheinlich anders abgewogen als bei Züchtern oder Tierliebhabern, die sich ihren Ratten mit Herz und Seele verschrieben haben.
Auf der anderen Seite versuchen natürlich auch die Kleintierpraxen möglichst sinnvoll zu beraten und zu handeln. Das Tierwohl hat Priorität, aber manchmal ist auch hier der Aufwand nicht im Maßstab zum Nutzen. Dazu kommt das hohe Risiko einer Narkose bei so kleinen Lebewesen, die vielerorts mangelnde Erfahrung bei der Behandlung von Rattenkrankheiten sowie die geringen Erfolgsaussichten, speziell bei schwerwiegenden Fällen.
So oder so handeln Rattenhalter am effektivsten, wenn sie präventiv für eine artgerechte Haltung ihrer Lieblinge sorgen und regelmäßige Gesundheitschecks bei den Ratten durchführen, um rechtzeitig zu helfen. Mit entsprechender Hingabe steht dem gesunden Rattenglück dann hoffentlich nichts im Wege.